Die zentrale Herausforderung im HR-Management liegt heute darin, nicht einfach nur Feedback einzuholen, sondern wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse zu gewinnen. Die richtigen Fragen, basierend auf validierter Methodik, bilden das Fundament für belastbare Daten. Nur so können HR-Manager evidenzbasierte Entscheidungen treffen und messbare Verbesserungen in der Mitarbeiterzufriedenheit und -bindung erzielen.
In diesem Artikel erfahren Sie:
- Was die Grundlagen einer erfolgreichen Mitarbeiterbefragung sind
- Welche Themenbereiche bei einer Mitarbeiterbefragung abgefragt werden können
- Praktische Beispiele für die Formulierung von Fragen für die Mitarbeiterbefragung (Do’s and Dont’s)
- Die nächsten Schritte für Ihre erfolgreiche Mitarbeiterbefragung
Grundlagen erfolgreicher Mitarbeiterbefragungen
Die Durchführung einer Mitarbeiterbefragung erfordert sorgfältige Planung und ein systematisches Vorgehen. Drei zentrale Faktoren bestimmen dabei den Erfolg:
Strategische Zielsetzung und Planung
Eine erfolgreiche Mitarbeiterbefragung beginnt mit der präzisen Definition ihrer Ziele. Was genau möchten Sie herausfinden? Welche konkreten Maßnahmen sollen aus den Ergebnissen abgeleitet werden? Hierfür eignet sich das Feedback-Canvas hervorragend. Das Feedback-Canvas ist ein Framework, welches von unserem Gründer Prof. Dr. Simon Werther entwickelt wurde. Das Feedback Canvas unterstützt die praktische Umsetzung und Positionierung von Feedbackformaten. So können Sie später den Erfolg Ihrer Befragung und der daraus resultierenden Maßnahmen evaluieren.

Wissenschaftliche Methodik
Der Einsatz validierter Messinstrumente ist entscheidend für die Qualität der erhobenen Daten. Dabei geht es nicht nur um die reine Fragenformulierung, sondern auch um die systematische Konstruktion des Fragebogens. Bewährte psychometrische Skalen, etwa zur Messung von Arbeitszufriedenheit oder Teamklima, liefern verlässlichere Ergebnisse als ad hoc konstruierte Fragen. Sie ermöglichen zudem ggf. Vergleiche mit Benchmarks und eine langfristige Analyse über mehrere Erhebungszeitpunkte.
Vorteile:
- Verlässlichkeit und Validität: Sie liefern konsistente und genaue Ergebnisse, da sie auf wissenschaftlich fundierten Methoden basieren.
- Vergleichbarkeit: Mit diesen Skalen können Ergebnisse mit Benchmarks (z.B. branchenweite Standards) und früheren Erhebungen verglichen werden.
- Langfristige Analyse: Sie ermöglichen die Durchführung von longitudinalen Analysen, um Veränderungen im Zeitverlauf zu beobachten und zu bewerten.

Transparente Kommunikation
Mitarbeitende müssen wissen, warum die Befragung gemacht wird. Sie sollten auch verstehen, wie der Prozess abläuft. Besonders wichtig ist, was mit den Ergebnissen passiert. Transparenz schafft Vertrauen und erhöht die Bereitschaft zur ehrlichen Teilnahme.
Dabei muss auch der Datenschutz klar kommuniziert werden: Wie wird die Anonymität gewährleistet? Wer hat Zugriff auf die Daten? Welche Maßnahmen werden ergriffen, um Rückschlüsse auf einzelne Personen zu verhindern? Wir empfehlen unseren Kunden an dieser Stelle auch immer die Einbindung des Betriebs- oder Personalrates.
Themenbereiche und passende Fragentypen für die Mitarbeiterbefragung
Die Auswahl der richtigen Themenbereiche und entsprechender Fragetypen für die Mitarbeiterbefragung ist entscheidend für aussagekräftige Ergebnisse. Ein wissenschaftlich fundierter Fragebogen deckt dabei verschiedene Dimensionen ab:
Arbeitsumfeld und Ressourcen
Dieser Bereich untersucht die konkreten Arbeitsbedingungen. Hier eignen sich besonders Likert-Skalen (1-5 oder 1-7) für Aussagen wie:
- „Ich verfüge über alle notwendigen Arbeitsmittel zur Erfüllung meiner Aufgaben“
- „Mein Arbeitsplatz ermöglicht konzentriertes Arbeiten“
Die Verwendung standardisierter Skalen ermöglicht dabei den Vergleich mit Branchenbenchmarks.
Führung und Zusammenarbeit
Für die Bewertung von Führungsverhalten und Teamdynamik empfehlen sich verhaltensverankerte Skalen. Diese beschreiben konkrete Verhaltensweisen statt abstrakter Konzepte:
- „Meine Führungskraft gibt mir regelmäßig konstruktives Feedback zu meiner Arbeit“
- „In unserem Team werden Konflikte offen und lösungsorientiert angesprochen“
Entwicklungsperspektiven
Dieser Bereich kombiniert am besten geschlossene und offene Fragen:
- Geschlossene Fragen zur Zufriedenheit mit Entwicklungsmöglichkeiten
- Offene Fragen zu konkreten Entwicklungswünschen: „Welche Weiterbildungsmaßnahmen würden Sie sich für die nächsten 12 Monate wünschen?“
Besonders wichtig ist dabei die Balance zwischen quantitativen Daten für statistische Auswertungen und qualitativen Erkenntnissen für tiefere Einblicke.
Praktische Fragenbeispiele nach Kategorien
Ingwer Borg beschreibt in seinem Buch „Führungsinstrument Mitarbeiterbefragung: Theorien, Tools und Praxiserfahrungen“ verschiedene Standardthemen, die in Mitarbeiterbefragungen behandelt werden sollten. Diese Themen umfassen unter anderem:
- Führung: Bewertung des Führungsverhaltens und der Führungskompetenzen.
- Arbeitszufriedenheit: Zufriedenheit der Mitarbeitenden mit ihren Aufgaben und Arbeitsbedingungen.
- Kommunikation: Effektivität der internen Kommunikation und Informationsflüsse.
- Zusammenarbeit: Qualität der Zusammenarbeit innerhalb von Teams und zwischen Abteilungen.
- Entwicklungsmöglichkeiten: Möglichkeiten zur beruflichen Weiterentwicklung und Weiterbildung.
- Arbeitsbedingungen: Beurteilung der physischen und psychischen Arbeitsumgebung.
- Unternehmenskultur: Wahrnehmung der Werte, Normen und des Betriebsklimas im Unternehmen.
Diese Themenbereiche bieten einen umfassenden Überblick über die Aspekte, die in Mitarbeiterbefragungen typischerweise erfasst werden, um ein ganzheitliches Bild der Organisationskultur und -effizienz zu erhalten.
Fragen Sie sich, ob Sie einfach einen Fragebogen kopieren oder eine Online-Vorlage 1:1 übernehmen können? Unsere klare Empfehlung: Nein. Es sei denn, Sie verfolgen exakt dieselben Ziele wie die Vorlage. Da jedoch jedes Unternehmen einzigartig ist und individuelle Ziele verfolgt, wird dies in den meisten Fällen nicht zutreffen.
Sehen wir uns das Beispiel “Arbeitsbedingungen” etwas genauer an.
Beim Thema „Arbeitsbedingungen“ möchte man herausfinden:
- Wie gut die physische Arbeitsumgebung (z.B. Büros, Arbeitsplätze, Ausstattung) den Bedürfnissen der Mitarbeiter entspricht.
- Ob die Arbeitsmittel (z.B. Computer, Software, Möbel) funktional und effizient sind.
- Ob gesundheitliche und sicherheitstechnische Aspekte am Arbeitsplatz berücksichtigt werden.
- Ob die Arbeitsbedingungen das Wohlbefinden und die Produktivität der Mitarbeiter fördern.
Für die Skalen würde man eine Likert-Skala verwenden, z.B.:
5-Punkte Skala: „Sehr zufrieden“, „Zufrieden“, „Neutral“, „Unzufrieden“, „Sehr unzufrieden“.
Mit diesen Skalen lässt sich die Zufriedenheit der Mitarbeitenden mit ihren Arbeitsbedingungen präzise
Best Practices für die Formulierung von Fragen für die Mitarbeiterbefragung
Die richtige Formulierung der Fragen für die Mitarbeiterbefragung ist entscheidend für die Qualität der Ergebnisse. Hier sind die wichtigsten Grundsätze für die Fragenformulierung:
Präzise und eindeutig
Jede Frage sollte genau ein Merkmal erfassen. Vermeiden Sie Formulierungen, die mehrere Aspekte gleichzeitig abfragen:
❌ Schlecht: „Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Team und Ihrer Führungskraft?“
✅ Besser:
- „Wie zufrieden sind Sie mit der Zusammenarbeit in Ihrem Team?“
- „Wie zufrieden sind Sie mit der Unterstützung durch Ihre Führungskraft?“
Neutral und ausgewogen
Vermeiden Sie Suggestivfragen, die eine bestimmte Antwort nahelegen:
❌ Schlecht: „Finden Sie nicht auch, dass unser neues Bürokonzept die Zusammenarbeit verbessert?“
✅ Besser: „Wie beurteilen Sie den Einfluss des neuen Bürokonzepts auf die Zusammenarbeit?“
Konkret und zeitlich eingrenzbar
Fragen sollten sich auf einen definierten Zeitraum beziehen:
❌ Schlecht: „Erhalten Sie regelmäßig Feedback?“
✅ Besser: „Wie häufig haben Sie in den letzten 6 Monaten ein Feedback-Gespräch mit Ihrer Führungskraft geführt?“
Verständlich für alle Zielgruppen
Die Sprache muss für alle Befragten klar verständlich sein:
❌ Schlecht: „Wie beurteilen Sie die Implementierung agiler Frameworks in Ihrem Arbeitsbereich?“
✅ Besser: „Wie gut funktioniert die Anwendung agiler Arbeitsmethoden (z.B. Scrum) in Ihrem Team?“
Die Verständlichkeit ist auch sehr wichtig, wenn Sie Mitarbeiterbefragungen für Blue Collar Mitarbeitende durchführen.
Implementierung und Follow-up einer Mitarbeiterbefragung
Die Fragen für die Mitarbeiterbefragung sind natürlich nicht der einzige Erfolgsfaktor. Eine transparente Vorab-Kommunikation zum Zweck der Befragung, die professionelle Durchführung über ein geeignetes Befragungstool und vor allem die systematische Auswertung der Ergebnisse sind entscheidend. Der wichtigste Erfolgsfaktor ist jedoch die Analyse und danach Umsetzung von Maßnahmen – denn nur wenn die Mitarbeiter sehen, dass ihre Rückmeldungen zu konkreter Veränderung führen, werden sie sich auch bei zukünftigen Befragungen engagiert beteiligen. Im Artikel “Mitarbeiterbefragung als Anfang des Wandels” können Sie einen beispielhaften Prozess einer Mitarbeiterbefragung entdecken.
Fazit und nächste Schritte
Die Entwicklung von wissenschaftlich fundierten Fragen für Ihre Mitarbeiterbefragung ist der Schlüssel zum Erfolg. Nur wenn die richtigen Fragen gestellt werden, erhalten Sie verlässliche Daten für Ihre HR-Entscheidungen. Hier sind die wichtigsten Punkte zusammengefasst:

Konkrete nächste Schritte für Ihre Mitarbeiterbefragung
Bestandsaufnahme
- Analysieren Sie Ihre bisherigen Fragebögen kritisch
- Identifizieren Sie Verbesserungspotenziale
- Definieren Sie Ihre konkreten Erkenntnisziele
Fragebogenentwicklung
- Nutzen Sie die vorgestellten Best Practices
- Verwenden Sie validierte Fragen für die Mitarbeiterbefragung
- Passen Sie die Fragen an Ihren Unternehmenskontext an
Qualitätssicherung
- Lassen Sie den Fragebogen von Experten prüfen
- Führen Sie einen Pretest mit einer kleinen Gruppe durch
- Optimieren Sie basierend auf dem Feedback